Viele Menschen glauben, dass Chinesisch lernen schwer ist. Oft hört man sogar, Chinesisch sei die schwierigste Sprache auf der Welt. Doch ist das wirklich der Fall?
Tatsache ist, dass in westlichen Ländern immer mehr Personen fließend Chinesisch beherrschen. Dabei sind die meisten Anfänger immer wieder überrascht, wie einfach diese Sprache im Vergleich zu anderen Fremdsprachen wie Spanisch oder Französisch doch eigentlich ist. Dass es sich bei Chinesisch um eine unerlernbare Sprache handelt, ist also nichts weiter als ein Mythos.
Man sollte allerdings auch nicht behaupten, dass Chinesisch lernen überhaupt keine Herausforderung darstellt. Natürlich gibt es einige Schwierigkeiten, mit denen man im Verlauf des Lernprozesses konfrontiert sein wird.
Also was ist nun eigentlich genau schwer oder einfach an der chinesischen Sprache?
Wer sich mit Chinesisch als Fremdsprache beschäftigen möchte, findet hier eine Orientierung, die beim Chinesisch lernen helfen soll:
1. Die chinesische Aussprache
Eines der wichtigsten Elemente beim Chinesisch lernen ist die Aussprache. Es handelt sich bei Chinesisch um eine so genannte „tonale Sprache“ – das bedeutet einzelne Silben können unterschiedlich betont werden und erhalten somit jeweils eine andere Bedeutung.
Damit man ein gutes Hörverständnis entwickelt (und später auch selber deutlich spricht) müssen zum Anfang die 4 chinesischen Töne trainiert werden. Das fällt aus Erfahrung jedem unterschiedlich leicht oder schwer. Manch einer beherrscht die Töne schon nach einer Woche sehr gut, andere brauchen etwas mehr Zeit dafür.
Neben den 4 Tönen müssen außerdem noch die chinesischen pinyin Silben geübt werden. Viele davon sind recht einfach, da sie genauso ausgesprochen werden wie im Deutschen (z.B. li, fu, ma, kai). Andere Silben hingegen kommen im Deutschen nicht vor bzw. werden ganz anders ausgesprochen (z.B. xi, qi, ji, zhong, jiong).
Das Aussprachetraining sollte am besten immer mit einem erfahrenen Sprachlehrer zusammen stattfinden, der falsch ausgesprochene Silben direkt korrigiert! Man gewöhnt sich relativ schnell an die ungewohnte Aussprache, doch einmal falsch gelernte Silben erfordern hinterher viel Zeit und Mühe, wenn man sie wieder umlernen muss.
2. Die chinesischen Vokabeln
Neben dem Erlernen der Schriftzeichen handelt es sich beim Aufbau eines chinesischen Wortschatzes um die größte Herausforderung. Wer Chinesisch sprechen lernen möchte, kommt um das Pauken von Vokabeln nicht herum.
Die Schwierigkeit liegt hauptsächlich darin, dass chinesische Wörter keine Ähnlichkeit zu europäischen Sprachen aufweisen. Es gibt lediglich ein paar wenige Wörter, die phonetisch übernommen wurden (z.B. kāfēi = Kaffee).
Zudem ist Chinesisch eine homonyme Sprache, die mit nur etwa 400 Silben auskommt (zum Vergleich in der deutschen Sprache gibt es etwa 10.000 Silben). Viele Wörter werden im Chinesischen absolut identisch ausgesprochen, obwohl sie eine unterschiedliche Bedeutung haben. Dies setzt wiederum einen großen Wortschatz voraus, da es ansonsten leicht zu Missverständnissen kommt.
Darüber hinaus bestehen die meisten Wörter in chinesischen Sätzen aus nur einer oder zwei Silben, was eine echte Herausforderung an das Hörverständnis darstellt. Denn je kürzer die Wörter einer Sprache sind, desto schwieriger ist es, schnell ausgesprochene Wörter voneinander zu unterscheiden.
Regelmäßiges Vokabeltraining ist beim Chinesisch lernen daher eine der wichtigsten Voraussetzungen, um später einmal fließend zu kommunizieren.
Hier erfahrt ihr, wie man am besten mit chinesischen Vokabelkarten lernt.
Außerdem empfehle ich das „Lernwörterbuch Chinesisch“ inklusive Audio-DVD, welches neben den meistbenutzten Wörtern der chinesischen Sprache auch zahlreiche Beispielsätze und Redewendungen enthält.
3. Die chinesische Grammatik
Wer in der Schule von seinem Lateinlehrer jahrelang mit Grammatikregeln gequält wurde, wird sich hierüber freuen: Die chinesische Grammatik ist sehr einfach.
Im Vergleich zu Sprachen wie Deutsch, Französisch oder Spanisch gibt es keine Deklinationen, Konjugationen, Artikel, Fälle oder unregelmäßige Verben. Die einzelnen Wörter verändern also nicht ihre Form.
Stattdessen wird mit unterschiedlichen Partikeln gearbeitet, zum Beispiel um Mehrzahl oder Zeiten auszudrücken, diese Strukturen sind aber meist recht einfach zu verstehen.
Etwas schwerer wird es erst dann, wenn man komplexere Formulierungen lernt, weil die Zusammenhänge der Wörter oftmals von der Satzstellung abhängen. Und genau das kann nicht nur bei Anfängern sondern auch bei Fortgeschrittenen Probleme verursachen.
Chinesisch gehört zur sino-tibetischen Sprachfamilie, die Grammatik ist also nicht verwandt mit europäischen Sprachen aus der indo-germanischen Sprachfamilie.
Da es im Chinesischen keine grammatikalischen Flexionen (Beugungen) gibt, um einzelne Wörter in Bezug zueinander zu setzen, spielt die Reihenfolge der Wörter im Satz eine größere Rolle.
Durch europäische Sprachen geprägte Personen tendieren jedoch häufig dazu, den chinesischen Sätzen die gewohnten europäischen Satzmuster „überstülpen“ zu wollen. Man versucht also, den Satz komplizierter auszudrücken als eigentlich notwendig.
Somit ist es gerade diese relative Einfachheit der Grammatik, welche uns das Chinesisch lernen schwer erscheinen lässt.
Am besten geht man damit um, indem man sich immer wieder klar macht, dass Chinesisch keine Verwandtschaft zu europäischen Sprachen hat. Wem es gelingt, den Kopf frei zu halten von den gewohnten Strukturen, wird sich viel leichter auf ein neues Sprachkonzept einlassen können.
4. Die chinesischen Schriftzeichen
Um auch Texte lesen und schreiben zu können, muss man die chinesischen Schriftzeichen lernen. Dies ist oftmals der Hauptgrund, warum die meisten Personen vor der chinesischen Sprache zurückschrecken.
Schriftzeichen lernen erfordert einen hohen Zeitaufwand – in der Regel mehrere Jahre, bis man die rund 3000 im Alltag gebräuchlichsten Schriftzeichen beherrscht – und setzt daher auch ein gewisses Maß an kontinuierlicher Disziplin voraus.
Doch in Wirklichkeit sind chinesische Schriftzeichen gar nicht so unglaublich schwer, wie sie auf den ersten Blick vielleicht erscheinen! Hinter ihnen steckt ein System aus immer wiederkehrenden Elementen, so dass einem das Auswendiglernen mit der Zeit leichter fällt, je mehr Schriftzeichen man schon beherrscht.
Besonders wichtig sind dabei regelmäßige Wiederholungen der bereits gelernten Schriftzeichen. Unser Gehirn speichert eine neue Information nämlich nicht sofort im Langzeitgedächtnis ab, wenn sie nicht unbedingt notwendig ist für das Überleben.
Vokabeln und Schriftzeichen (die leider nicht in diese Kategorie fallen) werden daher erst in einen „Zwischenspeicher“ geschoben und nach einer Weile automatisch wieder gelöscht, wenn man sie nicht regelmäßig gebraucht. Und das kann eine äußerst frustrierende Erfahrung sein, wenn man gerade erst 100 neue Schriftzeichen gelernt hat, und sich am nächsten Tag nur noch an ein paar wenige erinnert.
Wer die Herausforderung dennoch annimmt, wird trotz aller Schwierigkeiten feststellen, dass Schriftzeichen lernen Spaß machen kann und interessant ist, weil die Zeichen eng verbunden sind mit der chinesischen Tradition und Denkweise.
Mehr darüber, wie man effektiv Chinesisch lernt, erfahrt ihr hier: Die 10 besten Tipps zum Chinesisch lernen
Fazit: Chinesisch lernen braucht Zeit
Die für Europäer in vielerlei Hinsicht gewöhnungsbedürftigen Eigenschaften der chinesischen Sprache machen zwar ein Umdenken notwendig, was vor allem die Syntax (Aufbau der Sätze) und die chinesischen Schriftzeichen betrifft.
Trotzdem ist es durchaus möglich, fließend Chinesisch sprechen zu lernen. Die Grammatik ist im Vergleich zu anderen Fremdsprachen sehr einfach, und die Aussprache kann mit entsprechendem Training innerhalb von ein paar Wochen erlernt werden.
Mehr Aufwand erfordern hingegen Vokabeln und Schriftzeichen, wobei effektive Lernmethoden wesentlich zur Vereinfachung beitragen können.
Wer nur etwas „Small Talk“ beherrschen möchte, kann theoretisch auch auf die Zeichen verzichten. Auf diese Weise kann man sogar relativ schnell kommunizieren lernen. Ohne Lesen und Schreiben von Texten wird man über einfaches Umgangssprachen-Niveau jedoch kaum hinaus kommen. Daher ist es auf jeden Fall zu empfehlen, sich auch mit der chinesischen Schriftzeichenlehre zu beschäftigen.
Insofern ist (richtig) Chinesisch lernen weniger eine Frage der Schwierigkeit sondern vielmehr der Zeit, welche man bereit ist zu investieren.
Aus diesem Grund ist es sinnvoll, einen strukturierten Lernprozess zu verfolgen, indem man sich die richtigen Lernziele setzt. So erkennt man Fortschritte innerhalb von zeitlich kürzeren Etappen, was Motivation und größeren Erfolg beim Chinesisch lernen hervorruft.
Das ist ein sehr guter und ausführlicher Artikel, der die wichtigsten Aspekte sehr gut erklärt 🙂 LG Arne
Ich habe mich in meinem Leben mit vielen Fremdsprachen befasst, jedoch hauptsächlich mit europäischen Sprachen. Chinesisch halte ich aus folgenden Gründen für eine sehr schwere Sprache:
1. Wie alle tibeto-chinesischen Sprachen ist Chinesisch (ebenso Thai, Vietnamesich oder Tibetisch) eine Tonalitätsprache. Zwar ist die Anzahl der möglichen Silben begrenzt, wobei ein Teil von diesen Silben für einen Europäer schon sehr schwer auszusprechen ist, aber jede Silbe kann zum Beispiel im Mandarinchinesch (Peking-Chinesisch) in vier unterschiedlichen Tonhöhen – im Kantonchinesisch sind es sogar acht verschiedene Tonhöhen – ausgesprochen werden, so dass eine bestimmte Silbe in der einen Tonhöhe eine ganz andere Bedeutung hat als in einer anderen Tonhöhe. Zusätzlich tritt das weitere Problem auf, dass in einem gesprochen Satz die einzelnen Silben nicht genau in der Tonhöhe ausgesprochen werden, wie sie separat im Wörterbuch angegeben werden. Daher scheint es mir sehr schwierig, ja fast nicht realisierbar, mich in Chinesisch verständlich zu machen, es sei denn, dass ich lange in diesem Land lebe oder sehr häufig Kontakt mit Chinesen habe, so dass ich dann ein Sprachgefühl dafür entwickle. Als ich damals noch bei Siemens arbeitete, erzählten mir Kollegen, die hin und wieder in Taiwan dienstlich zu tun hatten, dass der Taxifahrer es nicht schaffte, sie zum richtigen Hotel zu bringen, weil die Kollegen bei der Aussprache des Hotelnamens die einzelnen Silben nicht in der richtigen Tonhöhe trafen. Auch besteht die Schwierigkeit darin, die einzelnen Synonyme für ein bestimmtes Wort zu lernen, weil die meisten Wörter, um Missverständnisse zu vermeiden, aus zwei Silben bestehen, wobei die einzelnen Silben jeweils Synonyme ausdrücken, z. B. um das Wort „verstehen“ zu übersetzen, werden zwei Silben miteinander kombiniert, wobei die eine Silbe das Wort „verstehen“ und die andere Silbe das sinnverwandte Wort „begreifen“ bedeutet.
2. Natürlich ist es schwierig, die einzelnen Schriftzeichen zu lernen. Aber diese Schwierigkeit scheint mir mit Ausdauer und Fleiß überbrückbar. Außerdem verbirgt sich hinter den meisten Zeichen eine bestimmte „Geschichte“: Zum Beispiel symbolisieren im Chinesichen und Japanischen die ersten beiden Symbole des Zeichens für „Verbot“ je einen Baum, wobei zwei Bäume das Zeichen für einen „kleinen Wald“ bilden. In dem Zeichen für „Verbot“ symolisieren diese beiden Bäume den kaiserlichen Wald. Unterhalb dieser zwei Bäume befindet sich ein waagerechter Strich, der einen liegenden Menschen symbolisiert. Die drei weiteren Striche unterhalb des waagerechten Striches symbolisieren eine Bahre, auf der der Mensch liegt. Das Zeichen für „Verbot“ hat somit den sehr tragischen Hintergrund, dass es einem normalen Sterblichen strengstens verboten war, den kaiserlichen Wald zu betreten. Wurde er von den kaiserlichen Wachen erwischt, legten sie ihn auf die Bahre. Er wurde dann gefesselt und hingerichtet.
Die Städte Peking (Beijing), Nanking (Nanjing) und Tokio bestehen aus je zwei Zeichen, wobei das erste Zeichen die Himmelsrichtung (bei – Norden, nan – Süden und to – Osten) symbolisiert und das zweite Zeichen bei allen drei Städten übereinstimmt. Es symboliert „Hauptstadt“. Somit ist Peking die Hauptstadt im Norden, Nanking die Hauptstadt im Süden und Tokio (in Japan) die Hauptstadt im Osten.
3. Die dritte große Schwierigkeit besteht im Chinesischen meines Erachtens in der Darstellung der ausländischen Eigennamen, der geographischen Begriffe und der Fremdwörter durch chinesische Schriftzeichen, und zwar wird der ausländische Eigenname in seine einzelnen Silben zerlegt und durch entsprechende ähnlich lautende chinesische Silben ersetzt. Zum Beispiel wird der Name „Siemens“ durch „Shi-men-ji“ ersetzt, wobei „shi“ „Westen“ bedeutet und durch das entsprechende Zeichen ersetzt wird. Die Silbe „men“ bedeutet „Tor“ und wird durch das entsprechende Zeichen ersetzt. Schließlich bedeudet „ji“ „Sohn“ oder „Kind“ und wird ebenfalls durch das entsprechende Zeichen ersetzt. „Siemens“ bedeutet somit „Westtorsohn“, aber woher weiß ich in einem Text, ob bei der Zeichenfolge „Westtorsohn“ in Wirklichkeit der Firmenname „Siemens“ gemeint ist? ObwohI mit drei unterschiedlichen Schriften das japanische Schriftsystem dagegen recht kompliziert ist, ist die Darstellung von ausländischen Eigennamen und Fremdwörtern dagegen im Japanischen viel einfacher im Text zu erkennen, weil die Japaner in dieser Situation die Silbenschrift Katakana verwenden, obwohl auch im Japanischen die Silben des ausländischen Eigennamens durch entsprechende gleichlautende japanische Silgen ersetzt werden.
Zusammenfassend erscheint mir Japanisch einfacher, da im Japanischen jedes Wort mit Ausnahme des silbenschließenden „n“ aus Silben besteht, die mit einem Konsonanten beginnen und einem Vokal enden, so dass jedes Wort durch eine Silbenschrift, die aus 56 Silbenzeichen besteht, dargestellt werden kann. Jedoch bleibt einem beim Erlernen des Japanischen das Lernen der etwa 2000 chinesischen Grundzeichen (Kanji) – die Wörterücher enthalten in der Regel 6000 Kanji-Zeichen – nicht erspart, weil die meisten japanischen Nomen, Adjektive und Verben mit Hilfe der aus dem Chinesischen importierten Kanji-Zeichen dargestellt werden und grammatikalische Endungen, die zum Beipiel einen Hinweis auf das Tempus geben, in der Silbenschrift Hiragana an das Kanji-Zeichen angehängt werden. Im Japanischen besteht aber die Schwierigkeit darin, dass viele Wörter zwei Aussprachevarianten besitzen, nämlich eine japanische Ausprachevariante und eine aus dem Chinesichen entlehnte Aussprachevariante, wobei in zusammengesetzten Wörtern meistens die aus dem Chinesischen stammende Aussprachevariante benutzt wird. Zum Beispiel heißt „Geschäft“ auf Japanisch „mise“. In Zusammensetzungen wird aber die chinesische Aussprachevariante „ten“ benutzt, wie zum Beispiel in „honten“, das „Buchladen“ bedeutet.
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